Kollagentrinkampullen: Zwischen Beauty und Health Claims
In seiner aktuellen Entscheidung nahm der BGH eine rechtliche Einordnung der Schnittstelle zwischen Beauty- und Health-Claims vor und formulierte hierzu folgende Leitsätze:
- Ob eine Angabe aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers gesundheitsbezogen im Sinn des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung, HCVO) ist, muss jedenfalls dann, wenn der Kläger ein auf die konkrete Verletzungsform bezogenes Unterlassungsgebot begehrt, unter Berücksichtigung des Kontexts der in Rede stehenden Aussage beurteilt
- Auf die Hautstruktur oder -elastizität bezogene Aussagen für in Nahrungsmitteln enthaltene Kollagen-Peptide fallen nicht von vornherein aus dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO heraus; sie sind vielmehr einzelfallbezogen zu prüfen.
- Versteht der Durchschnittsverbraucher eine Angabe als gesundheitsbezogen, unterfällt sie auch dann noch dem Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO, wenn er sie zugleich als schönheitsbezogen versteht.
Die Beklagte vertreibt Kollagen-Trinkampullen, die Biotin, Vitamin E, Vitamin C, Acerola Fruchtextrakt und Kollagen-Peptide enthalten. Auf ihrer Website bewirbt sie diese mit verschiedenen Aussagen, etwa „Schönheit von innen mit nachhaltiger Wirksamkeit“ sowie Erklärungen zur Wirkung von Kollagen.
Von den sechs streitgegenständlichen Werbeaussagen, die das Berufungsgericht sämtlich als unzulässig gesundheitsbezogen eingestuft hatte, bestätigte der BGH die Entscheidung hinsichtlich dreier Aussagen. In Bezug auf die übrigen drei hob er das Urteil jedoch auf, da diese lediglich als schönheitsbezogen zu bewerten seien. Der BGH betonte dabei die Bedeutung der kontextbezogenen Auslegung bei der Prüfung, ob eine Angabe gesundheitsbezogen ist, jede einzelne Aussage sei unter Berücksichtigung ihres werblichen Umfelds zu beurteilen. Zudem schließen sich ein Beauty- und ein Health-Bezug nicht gegenseitig aus: Wird eine Angabe vom Durchschnittsverbraucher auch als gesundheitsbezogen verstanden, fällt sie trotz ihres Schönheitsbezugs unter Art. 10 Abs. 1 HCVO.
Wenn ausdrücklich von „gesunder Haut“ die Rede ist, wenn die Peptide „dem normalen Kollagen-Stoffwechsel in den tiefen Hautschichten zur Verfügung“ stehen sollen und wenn mit klinisch erhobenen Parametern wie Hautfeuchtigkeit, -elastizität, -rauigkeit und -dichte geworben wird, bringt der Durchschnittsverbraucher dies mit der Gesundheit der Haut in Verbindung. Solche speziellen gesundheitsbezogenen Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO nur zulässig, wenn sie zugelassen oder zumindest inhaltsgleich mit einem zugelassenen Claim sind, was für Kollagen nicht der Fall ist.
Konkret bewertete der BGH folgende drei Aussagen jedoch als lediglich schönheitsbezogen: die Inhaltsstoffbeschreibung mit dem Versprechen „schöne Haut von innen“, den Verweis auf klinische Studien zur Belegung von „Beauty-Effekte“ sowie die Erklärung der strukturellen Rolle von Kollagen für Aussehen, Spannkraft und Elastizität der Haut. Ausschlaggebend ist, dass „das äußere Erscheinungsbild der Haut (noch) hinreichend deutlich im Vordergrund“ steht.


